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Sorgerecht
Gemischtnationale Familie, © Colourbox
Sorgerecht: Besser einvernehmlich
Das ausländische Recht regelt manches anders als das deutsche
Die Unterstützungsmöglichkeiten der deutschen Auslandsvertretungen sind vor allem dann sehr eingeschränkt, wenn die entzogenen Kinder auch die Staatsangehörigkeit des Landes haben, in dem sie sich aufhalten. Von den dortigen Behörden werden die Kinder dann ausschließlich als eigene Staatsangehörige betrachtet und behandelt. Ob sie daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben, spielt also keine Rolle. Diese Haltung wird international von allen Staaten (auch von Deutschland) eingenommen. Die Betreuung durch die deutschen Auslandsvertretungen ist damit weitestgehend ausgeschlossen und in der Praxis auch nahezu unmöglich. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen sich entzogene Kinder in einem islamischen Land aufhalten.
Das Familienrecht und die Rechtspraxis islamischer Staaten weist die Verantwortung für Kinder in erster Linie den Vätern zu, die dann zumeist auch allein bestimmen können, in welchem Land und bei welchen Personen das Kind aufwächst. Auch wenn das islamische Verständnis vom Verhältnis zwischen Mann und Frau nicht den Grundsätzen des deutschen Familienrechts entspricht, muss es respektiert werden. Die Aussichten einer Mutter, in einem islamischen Staat das Sorgerecht zu erstreiten, sind meist gering, insbesondere dann, wenn sie Ausländerin und nicht Muslimin ist. Nur wenn der Vater seine Pflichten grob verletzt, indem er sich etwa nicht um seine Kinder kümmert, bestehen in einigen islamischen Staaten gewisse Chancen.
Keineswegs immer führt aber ein erfolgreiches Sorgerechtsverfahren auch zu dem Ziel, entzogene Kinder nach Deutschland zurückbringen zu können. Selbst wenn die Mutter ausnahmsweise das Sorgerecht erhält, kann sie es unter Umständen nur in dem ausländischen Staat am Wohnort des Kindesvaters ausüben, den die Kinder meist nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung des Vaters verlassen dürfen. Die Ausstellung eines deutschen Reisepasses oder Kinderausweises hilft bei der Lösung dieses Problems nicht.
Außergerichtliche Lösungen
Wegen der skizzierten Schwierigkeiten und dem ungewissen Ausgang gerichtlicher Verfahren im Ausland sollte nach Möglichkeit eine einvernehmliche Lösung der Kindeseltern angestrebt werden. Es muss sorgfältig erwogen werden, ob der langwierige und teure Rechtsweg einfacher ist als ein Gespräch - erforderlichenfalls unter Einbeziehung von Vertrauenspersonen oder Beratungsstellen - bei dem sich die Eltern ungeachtet ihrer persönlichen Differenzen vom Wohl der gemeinsamen Kinder leiten lassen. Rechtspositionen – mögen sie nach deutschem Empfinden auch noch so eindeutig sein – helfen oft nicht weiter. Entscheidungen deutscher Gerichte nützen nichts, wenn sie im Ausland nicht durchgesetzt werden können. Andere Staaten beanspruchen ebenso wie Deutschland das Recht, auf ihrem Staatsgebiet durch ihre Behörden und Gerichte souverän selbst zu entscheiden.
Kindesentziehung
Das Auswärtige Amt und die deutschen Auslandsvertretungen (Botschaften und Generalkonsulate) werden immer wieder bei grenzüberschreitenden Fällen von Kindesentziehung um Hilfe gebeten. Diese Fälle treten überwiegend in binationalen Ehen oder Partnerschaften auf, nach deren Scheitern oder Scheidung der ausländische Vater oder die ausländische Mutter ein oder mehrere gemeinsame Kinder gegen den Willen des deutschen Elternteils in sein/ihr Heimatland verbringt oder nach einem Urlaub dort gegen den Willen des anderen Elternteils zurückhält. Nicht selten werden die Kinder der Pflege dort lebender Familienangehöriger überlassen. Regelmäßig wird hierbei das (Mit-) Sorgerecht des deutschen Elternteils verletzt, ein eventuell bereits ergangener deutscher Sorgerechtsbeschluss missachtet oder das Umgangsrecht missbraucht.
Die Entziehung Minderjähriger wird nach den Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches (§ 235 StGB) geahndet. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist ein Antrag der Person, deren Elternrecht verletzt wird. Ausnahmen von dem Antragsgrundsatz gelten unter anderem dann, wenn die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) ein Einschreiten von Amts wegen bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses für geboten hält. Die Erfahrung zeigt aber, dass strafrechtliche oder polizeiliche Maßnahmen allein nur in Ausnahmefällen zum Ziel führen.
Auch in anderen Staaten kann eine Kindesentziehung nach dortigem Recht strafbar sein. Deutsche Väter oder Mütter, die gegen den Willen des anderen Elternteils oder unter Missachtung eines Beschlusses eines ausländischen Gerichts ein gemeinsames Kind aus dem Ausland nach Deutschland verbringen, machen sich daher gegebenenfalls nach dortigem Recht strafbar. Eine Strafbarkeit nach deutschem Recht besteht in solchen Fällen nicht. Wenn aber der betreffende Staat den deutschen Elternteil deshalb international zur Fahndung ausschreibt, ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Fahndungsersuchen von Drittstaaten umgesetzt wird. Es kann dann passieren, dass es in einem Drittstaat zur Verhaftung kommt, mit anschließender Auslieferung in den Staat, aus dem das Kind entzogen wurde.